Zwei Fotos nebeneinander: links das Klinikgebäude in Soltau, rechts das Klinikgebäude in Walsrode, jeweils mit Vorplatz und Glasüberdachung.

Heidekreis-Klinikum stellt neue Medizin- und KHVVG-Strategie vor

Heidekreis. Das Heidekreis-Klinikum steht vor bedeutenden Veränderungen, um den Herausforderungen der Krankenhausreform (KHVVG) gerecht zu werden. Deshalb wurden in einer Pressekonferenz wichtige Schritte zur Neuausrichtung seiner medizinischen Strategie vorgestellt.

Landrat Jens Grote, Aufsichtsratsvorsitzender der Heidekreis-Klinikum gGmbH, Dr. med. Achim Rogge, Geschäftsführer, sowie Betriebsratsvorsitzende Anke Wolters-Rengstorf und Dr. Andrea Hartmann, Ärztliche Direktorin präsentierten das umfassende Medizin- und KHVVG-Strategiekonzept. Dieses Konzept soll die Weichen für die stationäre und ambulante Zukunft der medizinischen Versorgung im Landkreis Heidekreis stellen.

 

Notwendigkeit zum Handeln

Landrat Jens Grote betonte: „Angesichts der beschlossenen Krankenhausreform (KHVVG) des Bundesrates am 22. November letzten Jahres ist es unerlässlich, dass wir proaktive Maßnahmen ergreifen.“ Das KHVVG zielt darauf ab, die Qualität der Krankenhausversorgung in Deutschland zu verbessern und eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. Es legt fest, dass Krankenhäuser bestimmte Qualitätskriterien erfüllen müssen, um für verschiedene Leistungsgruppen zugelassen zu werden. Diese Reform hat weitreichende Auswirkungen auf die Strukturierung von Krankenhäusern und deren Finanzierung.

 

KHVVG

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) ist nun in Kraft und sieht drei wesentliche Änderungen vor:

  • Krankenhausplanung: Zukünftig wird die Planung nicht mehr auf Fachabteilungen und Betten basieren, sondern auf Leistungsgruppen (LG), die bestimmte Qualitätskriterien erfüllen müssen. Nur Krankenhäuser, die diese Kriterien erfüllen, erhalten eine Vergütung. Die Beantragung des neuen LG-Systems kann zwischen dem 01. April und dem 30. Juni 2025 erfolgen. Das Ministerium muss bis Oktober 2026 jedem Krankenhaus die Leistungsgruppen zugewiesen haben. Ab Anfang 2027 werden die Umsetzungen der Leistungsgruppen verbindlich.
  • Vergütungssystem: Ein neues System soll die Abhängigkeit von Fallzahlen verringern und den Krankenhäusern eine Grundfinanzierung bieten. Diese Vorhaltefinanzierung wird jedoch nicht alle individuellen Kosten abdecken.
  • Standortkonzentration: Um Fusionen zu fördern, wird die Kontrolle durch das Bundeskartellamt vorübergehend ausgesetzt.

 

Was sind Leistungsgruppen?

Leistungsgruppen definieren, welche medizinischen Leistungen ein Krankenhaus anbieten kann und beeinflussen direkt dessen Finanzierung sowie die Qualität der Versorgung. Insgesamt wurden 65 verschiedene Leistungsgruppen von der Krankenhausplanung festgelegt; alle bundeseinheitlichen Qualitätskriterien müssen als Grundvoraussetzung für die Zulassung jedes Krankenhauses erfüllt werden. Um in eine bestimmte Leistungsgruppe aufgenommen zu werden, muss ein Krankenhaus spezifische Anforderungen erfüllen – wie qualifiziertes Personal, geeignete Räumlichkeiten sowie Mindestmengen an Behandlungen und notwendige Ausstattung. Insbesondere die Anforderungen an das fachärztliche Personal für verschiedene Leistungsgruppen wurden gegenüber den bestehenden Verordnungen verschärft. Dr. med. Achim Rogge sagte: „Das Heidekreis-Klinikum erfüllt bei Zusammenlegung beider Häuser die Anforderungen von 28 Leistungsgruppen.“

 

Verlagerung von Fachabteilungen

Geschäftsführer Dr. med. Achim Rogge erklärte: „Wir haben uns dazu entschieden, Fachabteilungen von unserem Standort Soltau nach Walsrode zu verlagern. Es ist eine strategische Maßnahme, um die Forderungen des KHVVG überhaupt erfüllen zu können.“ Auch wenn das HKK ein Krankenhaus mit „nur“ zwei Standorten ist, wird jeder Standort in der Reform als eigenes Haus betrachtet. Das bedeutet, dass jeder Standort alle Anforderungen des KHVVG umsetzen muss, um die Zulassung zur Behandlung zu erlangen. Nur durch die Konzentration möglichst vieler Fachabteilungen an einem Standort können wir sicherstellen, dass wir die erforderlichen Standards einhalten und die Leistungsgruppen weiterhin anbieten dürfen.“

 

Finanzielle Entlastung durch Zusammenlegung

Zudem sind sich Landrat Grote und Dr. Rogge sicher, dass die Defizitausgleiche des Landkreises für das Heidekreis-Klinikum durch die frühzeitige Zusammenlegung deutlich reduziert werden können. Landrat Grote sagte: „Wenn wir jetzt weitermachen wie bisher, wird das Krankenhaus den Landkreis noch mindestens 51 Millionen Euro als Defizitausgleich bis zum Umzug kosten.“ Mit den Umstrukturierungsmaßnahmen könne dieser Betrag laut detaillierten Rechnungen auf bis zu 14,8 Millionen Euro gesenkt werden.

 

Aktuelle finanzielle Herausforderungen

Warum ist das HKK erneut in einer solch schweren finanziellen Lage? „Hier liegt ein Missverhältnis zwischen der Entwicklung des Landesbasisfallwerts (LBFW) und den Personalkosten“, erklärt Geschäftsführer Dr. Rogge. Der LBFW sei im Jahr 2024 um 5,2 % gestiegen; dem gegenüber stünden Sachkostenerhöhungen von bis zu 2,5 % sowie Personalkostenerhöhungen von rund 8 %. „Somit werden die von uns erbrachten Leistungen nicht auskömmlich finanziert, denn nur die Pflege direkt am Bett ist per Gesetz voll finanziert, aber im Krankenhaus arbeiten noch viele andere Berufsgruppen – und die Schere wird in den kommenden Jahren immer weiter auseinanderklaffen.“ Momentan kämpft die Gewerkschaft ver.di um weitere Lohnerhöhungen mit einer etwa achtprozentigen Forderung. Dr. Rogge betonte: „Ich gönne jedem Mitarbeitenden eine Gehaltserhöhung; ich weiß nur nicht, wie bzw. wovon ich diese bezahlen soll.“ Auch deshalb sei eine zeitnahe Beendigung von Doppelstrukturen mit hoher Personalbindung wichtig.

 

Zentralisierung zur Verbesserung der Versorgungsqualität

Landrat Grote fasste zusammen: „Die Zentralisierung bereits vor dem Bezug des neuen Gesamtklinikums wird zu einer Steigerung der Versorgungsqualität führen sowie schnellere Prozesse ermöglichen – damit auch eine bessere Patientenversorgung – aber auch zu einer Reduktion von Kosten.“ Nur mit dieser Zusammenführung seien auch die Anforderungen der Krankenhausreform überhaupt zu erfüllen.

Dr. med. Achim Rogge ergänzte: „Wir haben schon heute – ganz ohne Krankenhausreform – mit Personalengpässen zu kämpfen, denn wir halten Doppelstrukturen bei z.B. zwei Operationseinheiten, zwei Intensivstationen und zwei Notaufnahmen vor. Durch die Zusammenlegung werden wir Doppeldienste reduzieren und schaffen eine sichere Dienstplanung für unsere Mitarbeitenden.“

 

Zukunftsperspektiven für das HKK

Für den nachhaltigen Erfolg des HKK seien insbesondere interventionelle Kardiologie, Gefäßchirurgie, Endoprothetik sowie Unfallchirurgie von zentraler Bedeutung. Auch Geriatrie und Allgemeinchirurgie in enger Anbindung an Gastroenterologie – beispielsweise im Rahmen eines Darmzentrums – bieten bedeutende Leistungspotenziale.

 

Strukturierungsmaßnahmen am Standort Soltau

Am Standort Soltau wird die Fachabteilung für Geriatrie weiterhin bestehen bleiben. Dr. Rogge: „Unsere Fachabteilung für Geriatrie versorgt größtenteils Patientinnen und Patienten aus umliegenden Kliniken und ist sehr stark nachgefragt.“ Die Abteilung mit derzeit 30 Betten könnte schrittweise auf 45 Betten und eventuell sogar auf bis zu 60 Betten ausgebaut werden; ohne diese Umstrukturierungsmaßnahmen wäre hierfür kein Platz vorhanden. In der Patientenversorgung würden qualitativ selbstverständlich keine Abstriche gemacht werden.

Die Fachabteilungen für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie die Stroke Unit/Neurologie und die Fachabteilung für Kardiologie werden schrittweise nach Walsrode verlagert. Auch die Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) wird voraussichtlich im April an den bereits bestehenden Standort in Walsrode verlegt. „Wir planen zudem, die Zentrale Notaufnahme (ZNA), die Radiologie sowie die Fachabteilung für Anästhesie und Intensivmedizin bis zum Jahresende am Standort Walsrode zusammenzuführen“, erklärt Dr. Rogge. Er fügt hinzu: „Die Zentralen Notaufnahmen müssen zur Erfüllung der Leistungsgruppe ‚Notfallmedizin‘ nicht nur besondere strukturelle Bedingungen erfüllen, sondern auch höhere personelle Anforderungen. Darüber hinaus gelten zudem auch weiterhin die Anforderungen gemäß der Richtlinie zur Notfallversorgung des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss).“

Landrat Jens Grote ergänzt: „Der Standort Soltau wird sich nach diesen Verlagerungen gemäß dem mit der Stadt Soltau geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag (öRV) unter anderem zu einem ambulanten OP-Zentrum weiterentwickeln; darüber hinaus wird des Weiteren die Rettungswache direkt im Krankenhausgebäude angesiedelt und die Dialysepraxis erweitert.“

 

Strukturierungsmaßnahmen am Standort Walsrode

Am Standort Walsrode wird bereits zum 01. April dieses Jahres die Fachabteilung Nephrologie etabliert (= Diagnose und Behandlung von Nierenerkrankungen).

Die Geburtshilfe und Pädiatrie (Kinderklinik) werden zu einem sogenannten „Mutter-Kind-Zentrum“ zusammengeführt. Ziel ist es, die Versorgung von Müttern, Neugeborenen und Kindern zu optimieren, indem alle relevanten Disziplinen erst einmal am Alt-Standort organisatorisch und später im Neubau auch räumlich eng miteinander verbunden sind.

Dr. Rogge sagte dazu: „Diese Neu-Organisierung stellt auch sicher, dass Patientinnen unseres sich momentan in Gründung befindlichen ‚Brustzentrums Heidekreis‘ zukünftig nicht auf einer gemeinsamen Station mit der Geburtshilfe untergebracht werden.“

Einige Mitarbeitende aus der Verwaltung in Walsrode werden an den Standort Soltau umziehen, sodass ihre Büros für Chefärzte und Leitende Oberärzte frei werden, die sich dann in Walsrode gemeinsam auf einer Etage befinden. „So wird es später auch im Neubau sein,“ erklärt Dr. Rogge.

Um zwei Herzkatheterlabore sowie eine Bettenstation mit 35 Betten für Kardiologie einzurichten, sollen Containeranlagen angemietet werden. 

 

Herausforderungen und Ausblick

Dr. med. Achim Rogge betonte: „Wir sind uns bewusst, dass diese frühzeitigen Veränderungen Herausforderungen mit sich bringen; doch wir wissen, dass dieser Schritt notwendig ist.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des HKKs wurden bereits am vergangenen Freitag in einer außerordentlichen Mitarbeiterversammlung informiert; ebenso wurden Kreistag und Mitglieder der Gesellschafterversammlung eingebunden. Dr. Rogge: „Es war uns vor allem wichtig, dass unsere Mitarbeitenden so schnell wie möglich transparent informiert werden.“

Am 21. März wird die Gesellschafterversammlung über das vom Aufsichtsrat beschlossene Medizin- und KHVVG-Strategiekonzept abstimmen. Geplant ist ein Abschluss aller Strukturierungsmaßnahmen bis Ende 2026.

Landrat Jens Grote betonte abschließend: „Es ist an der Zeit zu handeln! Die Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen durch das KHVVG sowie aktuelle Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Kostensteigerungen verdeutlichen klarer denn je: Wir können nicht darauf warten bis zum Umzug ins neue Gesamtklinikum! Um auch künftig eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen ist es entscheidend, proaktiv auf neue Herausforderungen zu reagieren.“

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